"In allen Menschen steckt Sonne, man muß sie nur zum
Leuchten bringen"
Sokrates
Nachstehend werden für die jeweils festgestellten Verstrickungsmuster exemplarische Lösungsansätze beschrieben.
Diese Standard-Lösungen sind in folgende Bausteine unterteilt:
- Abgrenzung vornehmen
- Rückgabe
- Reihenfolge einhalten
- Ehre geben
- Ich sehe dich als
- Segen/Erlaubnis geben
- Ich folge dir nach
- Doppelbelichtung auflösen
- Parentifizierung auflösen
Abgrenzung vornehmen
Dieser Baustein dient dazu, die Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zu klären. Er stellt sicher, dass Rangfolge und Zuständigkeiten im System klar sind und jeder das trägt, was seiner Rolle bzw. Aufgabe entspricht.
Anwendungsbereiche
- Auflösung einer Triangulierung
- Auflösung von anmaßendem Verhalten
- Betroffenen von einer Aufgabe/Last/Verantwortung befreien, die nicht in seine Zuständigkeit fällt
Lösungsansatz
Der Vater sagt zum Kind:
„Ich bin dein Vater, und du bist mein Sohn/meine Tochter. Und hier neben mir steht meine Frau, deine Mutter. Wenn wir beide Probleme miteinander haben, dann sind wir selbst dafür zuständig. Du kannst dafür nicht zuständig sein – halt dich da raus!"
Im Anschluss sagt die Mutter dem Kind das Gleiche:
„Ich bin deine Mutter, und du bist mein Sohn/meine Tochter. Und hier neben mir steht mein Mann, dein Vater. Wenn wir beide Probleme miteinander haben, dann sind wir selbst dafür zuständig. Du kannst dafür nicht zuständig sein – halt dich da raus!"
Im Business Kontext macht der Vorgesetze dem Mitarbeiter Verantwortung und Befugnisse entsprechend klar.
„Ich bin dein/e Vorgesetzte/r, und du bist mein/e Mitarbeiter/in. Und hier neben mir steht mein Kollege. Wenn wir beide Probleme miteinander haben, dann sind wir selbst dafür zuständig. Du kannst dafür nicht zuständig sein – halt dich da raus!"
Rückgabe
In Systemen kommt es vor, dass ein Betroffener von Vorgängern im System etwas übernimmt. Dies kann ein Gefühl, eine Aufgabe oder Pflicht, ein Verdienst, eine Schuld u.v.m. sein.
Hintergrund in Familiensystemen ist die Bindungsliebe des Kindes. Es will instinktiv zur Sippe dazugehören, es anderen Leichter machen, ihm helfen und ihm ggf. etwas Schweres abnehmen.
Im Businesskontext kann es die Wiederholung eines Musters aus der Ursprungsfamilie sein, die Angst vor Arbeitsplatzverlust oder Loyalität.
Anwendungsbereich
- Überforderung: der Betroffene versucht etwas zu tragen oder zu erledigen was er nicht kann bzw. darf
- Anmaßung: der Betroffene macht etwas, was eigentlich die Vorgesetzten machen sollten und fühlt sich ihm daher überlegen.
Lösungsansatz
Die Rückgabe erfolgt durch einen schweren Gegenstand wie z.B. einen schweren Stein, ein prall gefüllter Aktenkoffer, mehrere dicke Telefonbücher...).
Der Betroffene sagt: „Dies ist nicht meins, sondern deins. Ich brauche das nicht, und ich will das auch nicht. Ich gebe es dir zurück." Oder „Es ist nicht meine, es gehört mir nicht. Ich gebe es dir jetzt zurück in deine Zuständigkeit!"
Der Inhalt kann auch individuell benannt werden: „Dies ist deine Verantwortung, deine Depression, deine Wut..."
Rangfolge einhalten
Die Rangfolge in Systemen ist durch die Zugehörigkeitsdauer geregelt. Im Businesskontext gibt es parallel dazu die Reihenfolge der „Tüchtigkeit".
Anwendungsbereich
Die Reihenfolge wird wieder hergestellt, der Betroffene ist bzgl. seiner Rolle nicht mehr verunsichert bzw. anmaßend, wenn er einen Platz einnimmt, der ihm nicht zusteht. Ziel ist Erleichterung, Klarheit und Sicherheit.
Lösungsansatz
„Du bist der erste, und ich bin der zweite!"
Ehre geben
Ziel des Vorgehens ist, jemanden aus seiner Anmaßung herauszuführen, Rangfolge und Zuständigkeiten anzuerkennen.
Anwendungsbereich
- Anmaßendes Verhalten
- Bockigkeit
- Mangelnde Abgrenzung („Ich bin nicht du!")
- Nicht beachtete Reihenfolge
Lösungsansatz
Je nach Grad der Anmaßung und Art der Beziehung können drei Varianten angewendet werden:
Variante 1: Der Betreffende beugt den Kopf leicht und sagt: „Ich gebe dir die Ehre als..."
Variante 2: Der Betreffende verbeugt sich tief, senkt den Kopf tief und verbleibt einige Zeit in dieser Haltung. Er sagt: „Ich gebe dir die Ehre als..."
Variante 3: (nur in Familien zwischen Eltern und Kindern empfohlen): Der Betreffende kniet auf dem Boden, hält beide Handflächen nach oben, berührt mit der Stirn den Boden und sagt: „Ich gebe dir die Ehre als..."
Ist dieser Baustein wirksam stellt sich Erleichterung ein, der Betreffende fühlt sich frei das zu tun, wofür er da ist. Bei Kindern, die ihren Eltern die Ehre geben, entsteht das Gefühl: Jetzt kann ich endlich Kind sein!
Ich sehe dich als
Aus einer Verstrickung kann folgen, dass ein Systemmitglied andere im System nicht wahrnimmt bzw. nicht als das, was sie sind.
Bsp.: Der Vater ist stark an die Herkunftsfamilie gebunden und nimmt seinen Sohn kaum wahr, so dass er kein Vater-Sohn-Verhältnis zu ihm aufbaut.
Anwendungsfälle
- Kind/Mitarbeiter wird mit Nichtbeachtung „gestraft"
- Es liegt eine Doppelbelichtung vor
- Elternteil/Vorgesetzter ist so stark mit anderem beschäftigt, dass keine Aufmerksamkeit für Kinder/Mitarbeiter übrig bleibt.
Lösungsansatz
Der mit „Blindheit geschlagene" sagt: „Ich sehe dich als... meinen Sohn/meine Tochter/meinen Stellvertreter, meinen Mitarbeiter, meine Assistentin etc..."
Durch diesen Satz wird eine wirkliche Beziehung zu einem Gegenüber hergestellt, sodass in der Familie Liebe und im Businesskontext Anerkennung und Wertschätzung fließen kann. Auf beiden Seiten (Gesehener und Sehender) entsteht Erleichterung.
Segen geben/Erlaubnis geben
Mit diesem Baustein wird die Erlaubnis gegeben, das Leben verantwortlich in die eigene Hand zu nehmen und der bisher gebundene kann sein eigenes Glück und seinen Erfolg suchen.
Anwendungsbereiche
- Ein früheres Systemmitglied konnte sein Leben nicht voll ausleben (Krankheit, früher Tod, Vertreibung, Kinderlosigkeit, Partnerlosigkeit). Folge: Einem der Nachfolgenden fällt es häufig schwer, das eigene Leben voll und ganz zu leben und zu genießen.
- Im Business-Kontext verzichtet der Spätere aus Loyalität auf Erfolg und Anerkennung bzw. Glück und Befriedigung in seiner Aufgabe.
Lösungsansatz
In Familienaufstellungen geben Onkel/Tanten den Nichten/Neffen bzw. Großeltern den Enkeln ihren Segen. Der Spätere kann sich auf den Boden setzen und an die Beine des Früheren anlehnen. Dieser legt seine Hände auf den Kopf des Späteren und segnet ihn still.
Der Frühere sagt dem Späteren „Lass es dir gut gehen. Meinen Segen hast du" oder im Businesskontext: Lass es dir gut gehen. Meine Erlaubnis hast du!"
Ein weiterer Lösungssatz ist: „Meine guten Wünsche begleiten dich! Du bist frei die Dinge so zu tun, wie du sie tun möchtest. Die Wahl zu treffen, die du möchtest!"
Ich folge dir nach/mache für dich weiter
Dieser Baustein beschäftigt sich mit der Dynamik, dass Kinder ihren früh verstorbenen Eltern oder Geschwistern in den Tod nachfolgen wollen. Sie leben in der kindlichen Illussion, dass sie dadurch wieder mit der geliebten Person vereint wären oder ihr gleich sein könnten. In der Folgegeneration spüren die Kinder, dass Vater oder Mutter sterben möchte und bieten an, dies für sie/ihn zu tun („Lieber ich als du!")
Im Businesskontext wollen Systemmitglieder die Aufgaben so erledigen und fortführen als wäre der Verstorbene noch da.
Lösungsansatz
Der Tote erklärt: „Ich bin tot. Und dies ist mein Schicksal und nicht deins. Und du lebst, und ich möchte, dass du lebst."
Der Überlebende achtet das Schicksal des anderen und bittet ggf. um den Segen/die Erlaubnis des Verstorbenen, sein Leben selbst in die Hand zu nehmen und nach seinen Wünschen zu gestalten.
Doppelbelichtung auflösen
Dieser Baustein behandelt den Fall, dass ein Gegenüber unbewusst mit einer relevanten früheren Person identifiziert wird (häufig Vater oder Mutter).
Anwendungsbereich
- Die Reaktionen auf das Gegenüber (z.B. Autoritätspersonen wie Lehrer, Trainer, Vorgesetzte) entsprechen nicht der Situation und der Beziehung, sondern deuten eher auf eine Eltern/Kind-Beziehung hin.
- Autoritätspersonen werden z.B. mit dem eigenen Vater identifiziert: auf einer unbewussten Ebene werden beide Personen gleichzeitig gesehen.
Lösungsansatz
Sieht der Betroffene in seinem Gegenüber gleichzeitig die inneren Bilder beider Personen, werden die beiden Bilder auseinander geschoben (Vater rechts, Vorgesetzter links).
Der Betroffene sagt: „Das ist mein Vater" und sieht nach links und „Das ist mein Chef" und schaut nach rechts. „Und das sind zwei vollkommen unterschiedliche Personen, die nichts miteinander zu tun haben."
Parentifizierung lösen
In diesem Fall kann der Druck im System dazu führen, dass ein Kind die Elternrolle für die Eltern übernimmt. Das Kind muss z.B. der Mutter die Mutter ersetzen.
Anwendung
In Aufstellungen steht das Kind häufig hinter den Eltern. Das Kind wird in die Geschwisterrangfolge an seinen Platz gestellt und ein Stellvertreter für den fehlenden Elternteil mit in die Aufstellung genommen.
Das Kind sagt zum Elternteil: „Ich sehe die Leere in deinem Herzen; füllen kann sie nur deine Mutter/dein Vater!"
Das Elternteil sagt zum Kind: „Mir fehlt etwas, aber du kannst es mir nichts geben!"